HEDONISTISCHE PHILOSOPHIE

Vom Glück, aus Atomen zu bestehen

Das nachfolgende Bild zeigt den griechischen Philosophen Epikur. Über die Aktualität seines Denkens habe ich im Jahre 2010 meine Abschlussarbeit mit dem Titel >> Aufgeklärter Hedonismus - Zur Aktualität einer modernen Lebensform << verfasst. 

Epikur (341 - 271 v.u.Z.) und seine Anhänger vertraten eine in vielerlei Hinsicht fortschrittliche Auffassung. Während sich ihre antiken Kollegen beispielsweise Wasser, Feuer, Zahlen oder an prominentester Stelle geistige Ideen als die Grundbausteine der Welt vorstellten, gingen die Epikureer vergleichsweise rational an die Frage heran, was die Welt im Innersten zusammenhält. Sie waren wie der Philosoph Demokrit der Ansicht, Materie sei aus kleinsten, unteilbaren Elementen - den Atomen - aufgebaut. Dieser fortschrittliche Grundgedanke des philosophischen Materialismus wirkte sich sodann auch deutlich auf die hedonistische Lebenspraxis aus. 

Vor allem hatte dieses geerdete Weltverständnis zur Folge, dass die Epikureer sich nicht groß um das scherten, was sich angeblich jenseits des irdischen Lebens abspielte - Götter oder Paradiese interessierten sie nicht und der Tod war ihnen kein Grund zur Sorge. Denn, so Epikur: >> Solange wir da sind, ist der Tod nicht da. Ist der Tod da, sind wir nicht mehr da. << Konsequent lenkten sie daher ihre Aufmerksamkeit auf ein schönes Leben im Hier und Jetzt. Dieses hedonistische Grundmotiv der Epikureer hat einer ihrer späteren Anhänger in dem noch heute berühmten Slogan >> Carpe

Diem << verewigt. 

Epikur Hedonismus antike Philosophie Souveränität Lebensform

>> Etwas reißen <<

Das >>Carpe diem<< des römischen Dichters Horaz wird häufig übersetzt mit >>Nutze den Tag!<< oder auch >>Genieße den Tag!<<. Eine weitere mögliche Übersetzung des lateinischen Verbs carpere ist >>pflücken<<, was auf den Satz >>Pflücke den Tag!<< hinausläuft. Schwieriger ist da schon die rein theoretisch ebenfalls mögliche Übersetzung >>abreißen<<. Sicher, die Übersetzung >>Reiße den Tag ab!<< klingt eher grotesk als nach praktischer Lebenskunst. Aber die umgangssprachliche Formulierung >>etwas reißen<< scheint mir eine gleichsam innovative wie sympathische  Interpretation von >>Carpe diem<< zu sein. Wer >>etwas reißt<<, stellt etwas auf die Beine, verwandelt Unwahrscheinlichkeiten in manifeste Tatsachen und verwirklicht seine Ziele. >>Carpe diem<< heißt daher vor allem auch, die uns zur Verfügung stehende Lebenszeit dazu zu nutzen, dass zu tun, was wir wirklich tun wollen.

Es ist eine hedonistische Ermunterung wider das Aufschieben und für das souveräne  Ergreifen des guten Lebens. Ein Plädoyer für Lebenslust in dem Bewusstsein, dass unsere Zeit auf Erden knapp ist. Vor uns und nach uns die Unendlichkeit. Auf geht's!